Ich freute mich echt, mit dem Zug nach Burkina Faso zu fahren. Zurecht!
Die Zugfahrt kostete mich 27500 CFA, also ungefähr fünfzig Franken. Für eine Reise über vierundzwanzig Stunden finde ich den Preis OK, immerhin sparte ich dabei noch eine Nacht in einem Hotel.
Im Internet wird überall wärmstens empfohlen, in der ersten Klasse zu reisen. Anscheinend ist auch dort eine Fahrt nicht besonders angenehm, doch schon nur die Klimaanlage sollte einem den Preis wert sein. Die fünfundzwanzig Franken Aufschlag finde ich aber schon recht happig, weswegen ich mich dagegen entschied.
Da das Visum auch fast fünfzig Franken kostete, ist es gesamthaft ein teurer spontaner Ausflug. Immerhin ist es in Faso billiger als in Abidjan, weswegen es sich sicher trotzdem auch finanziell lohnt, ein weiteres Land zu entdecken.
Die gute Frau vom Vortag sagte mir, um acht Uhr muss man am Bahnhof sein, der Zug wird aber erst um elf Uhr fahren. Ich war dann auch in der Früh dort, wieso man aber zu diesem Zeitpunkt schon dort sein muss kann ich noch immer nicht verstehen.
Schliesslich wurde mit dem Kauf des Tickets einen Sitzplatz reserviert, so dass man kurz vor Abfahrt dort sein könnte. Dieses Sitzplatznummer stimmte bei mir aber nicht, so dass ich zurück gehen musste, Ticket umtauschen und danach neu anstehen musste.
Vor der pünktlichen Abfahrt um elf Uhr konnte man sich noch standartgemäss mit allem Möglichen ausstatten (zum Glück aber keine Tiere!!).
Ich war in einem Viererabteil am Fenster mit drei sympathischen Menschen. Zum Glück hatten auch alle einen angenehmen Körperbau, weswegen die Voraussetzungen für eine gute Reise gegeben waren.
Im meinem Abteil war das einzig Negative eine Frau mit ihren beiden Kindern, welche aber nicht viel dafür konnte. Denn "Sitarail" verkauft fairerweise die Fahrtickets für die Kindern zum halben Preis, jedoch haben die dann keinen eigenen Sitzplatz. Kommt die Mutter mit zwei Kindern, muss improvisiert werden.
Und so setzte sich das Ältere öfters auf unsere Oberschenkeln, oder wir teilten die zwei schmalen Plastiksitzen mit ihr. Als das Fünfjährige müde wurde, legte sie sich zum Schlafen auf den Boden, was unsere Beinfreiheit noch mehr einschränkte.
Die in meinen Augen etwas unbegabte Mutter interessierte es wenig. Sie kümmerte sich lieber um ihr Neugeborenes, wobei kümmern nicht wirklich stimmt. Schlief es nicht weinte es und wenn es weinte stillte sie es.
Auch mit dem älteren Kind spielte sie fast nie, weshalb es dem Mädchen oft langweilig wurde und deswegen weinen musste. Die Mutter konnte ihr jedoch zur Beruhigung nicht den Mund mit ihrer Milch füllen, so dass das Kind öfters minutenlang weinte.
Schön waren aber in diesem Fall die Mitfahrenden. Die Kinder haben einen sehr hohen Stellenwert, weshalb jeder Mutter im Zusammenhang mit ihren Kindern geholfen wird.
Egoistischer stellen sie sich aber sonst oft an, zumindest aus meiner Sicht.
So viele hören zum Beispiel mit ihrem Handy die eigene Musik, doch nur selten mit den Kopfhören. So vermischt sich in einem Wagen die verschiedenen Musikrichtungen, was sich nicht wirklich gut anhören lässt. Besonders der muslimische Gesang hatte ich nach einiger Zeit satt.
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Im Zug |
Ein Highlight waren immer wieder die Stopps an verschiedenen Bahnhöfen.
So konnte ich nicht nur praktisch aus dem Fenster hinaus neues Proviant kaufen, sondern auch die landwirtschaftlichen Einnahmequellen des Dorfes sehen. Nebst den 0815 Produkten wie Getränken, Erdnüssen, Kosmetika und Kleidern, boten sie verschiedenes Gemüse und Obst an.
Ein weisses sehr kleines (oder geraffeltes) Gemüse, was anscheinend Couscous ähnlich ist, konnte man fast auf der ganzen Strecke kaufen.
In einem Gebiet wurden feine Bananen verkauft, welche noch am Ast waren.
Kauft jemand einen, wurde er durchs Fenster gegeben, die Bananen abgerissen und der Ast danach aus dem Fenster geschmissen.
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Wurde direkt auf der Schiene abgefüllt |
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Bananen |
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Anderes Gemüse |
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Alles mögliche.. |
Bei diesen Temperaturen hatte ich natürlich öfters Durst. Um Wasser zu kaufen musste ich ans Fenster gehen, "deee l'eau" schreien und wie durch ein Wunder hörte es eine Verkäuferin in diesem Lärm und überreichte mir das Wasser. An das könnt ich mich gewöhnen. :)
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Schrei so laut du kannst! |
Einen Nachteil hatte es trotzdem. Da der Zug nur dreimal in der Woche fährt, müssen die Verkäufer jeweils ein gutes Geschäft machen.
Offenbar läuft es besser, wenn man dabei in einer Lautstärke für das Produkt wirbt.
Hält dann der Zug etwa alle dreissig Minuten in einem Kaff, lässt es sich nur schlecht schlafen.
Da auch sonst die Afrikaner bekannt fürs laute Diskutieren sind, war ich kurz davor, Tinnitus zu kriegen.
In grösseren Dörfern hielten wir länger an und nur die Personen mit einem Zugticket durften den Bahnhof betreten.
Die Verkäufer versuchten aber alles, möglichst nahe an den Zug zu kommen. So schlichen sie sich hinein oder die mit einem Stand rutschten näher. Sah dies ein Polizist packte er die Verkäufer und schmiss sie hinaus oder schlug mit dem Schlagstock auf die Stände.
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Sie durften nicht näher kommen. |
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Hinter dem Beton stehen die Verkäufer (gute Avocado-Sandwichs) |
Das Zugpersonal war da schon freundlicher. Routiniert kamen die Verkäufer in den Zug, gaben dem Kondukteur etwas von ihrem Produkt, fuhren bis zum nächsten Halt mit und machten dabei gutes Geschäft.
Schlau waren auch einige Reisende. Die nahmen in ihrem Gepäck Verkaufsmaterial mit und verliessen die lange Fahrt wahrscheinlich noch mit Gewinn.
Im Verlauf der Fahrt verkauften einige sogar unterschiedliche Sachen. So zum Beispiel auf die Mittagshitze hin Fächer, am Abend Tücher und am Morgen Kosmetik.
Am lustigsten waren jedoch die Medikamentenverkäufer. Die betraten den Wagen, stellten sich in die Mitte und erzählten mit Begeisterung etwas über ihre Produkte wie die Menschen in den Werbesendungen im TV.
Und auch im Zug wurde fleissig gekauft..
Die Veränderung der Landschaft war sehr schön zu beobachten. Auf den über 1000 Kilometern veränderte sich die Landschaft vom grünen Abidjan am Meer in eine sandige Landschaft im Norden. Dazu veränderte sich auch das Volk und deren Häuser, was auch sehr spannend anzusehen war.
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Immer wieder mussten wir warten.. |
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.. und warten. |
Am Ende der Strecke hatte ich wohl an jeder einzelnen Körperstelle von diesem roten Sand.
Wie schon erwähnt, gibt es in der zweiten Klasse keine Klimaanlage. Die Ventilatoren waren defekt, so dass in jedem Abteil die Fenster geöffnet wurden. (Unser Fenster liess sich nicht öffnen, Horror!)
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Defekter Ventilator.. |
Etwas was mir nicht nur auf dieser Fahrt aufgefallen ist, ist, dass es vielen am logischen Denken fehlt.
Zum Beispiel jammert jeder Taxifahrer über die hohen Preisen des Benzins. Beim Warten stellt er den Motor aber selten ab, dasselbe auch wenn er das Taxi verlässt. Zudem wichen die Fahrer in Dakar den Autobahnen aus, weil diese kostenpflichtig sind. Stattdessen warteten sie lieber lange im Stau, stellten den Motor dabei aber nicht ab und verloren Zeit, welche bekanntlich auch Geld ist.
Auf der Reise im Zug erlebte ich es unteranderem mit dem Gepäck.
Da fast jeder mit viel Gepäck reiste und es kaum Platz dafür hatte, stapelten sie dieses aufeinander.
Kaum jemand kam auf die Idee, eine Tüte mit den benötigten Utensilien für die Reise selbst vorzubereiten.
Viele hatten keinen Koffer, weshalb sie alles in grosse Reisesäcke abfüllen mussten. Natürlich räumten sie es unüberlegt ein, weshalb nicht nur das ganze andere Gepäck verschoben werden musste, sondern dazu noch das Eigene ausgepackt werden musste.
Zum Glück hatte es im Zug ja genügend Platz dafür.. :)
Im Nachhinein amüsiert es mich selbst und ich kann darüber lachen. Zum Zeitpunkt im Zug jedoch gar nicht.
Nach über einem Monat Afrika und einer sehr langen Fahrt in unglaublicher Hitze (Burkina 38 Grad) und kaum Schlaf, erlebte ich es zu oft, um es noch lustig zu finden.
Vom Schlafen wurde ich auch von den Mitreisenden gehindert, welche es aber sehr freundlich mit mir meinten.
Ich wurde zum Teil gefeiert, öfters aber auch nicht ernstgenommen, weshalb ich nicht in der ersten Klasse reisen wollte.
Sie konnten es sich nicht vorstellen, dass ich es aus finanziellem Grund nicht tat.
Offenbar macht man das als Toubab einfach nicht.
Dies bestätigte auch die einzig weitere Weisse in diesem Zug, welche mit ihrem afrikanischen Mann reiste. Sie genossen die Fahrt in der ersten Klasse, wobei auch die angeblich sehr beschränk geniessbar ist.
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Ob in der Ersten das WC sauberer war? |
Ich war aber froh, die zweite Klasse gewählt zu haben.
Obwohl ich öfters leiden musste, oder genau deswegen, war es ein riesengrosses Erlebnis.
Da wir wegen einem Problem mit der Schiene einen langen Unterbruch hatten, kamen wir viel zu spät an. Einen Beitrag dazu leisteten aber auch die mehreren Güterwagen, welche spontan noch angehängt wurden.
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Der lange Unterbruch wollte ich im Schatten dieses Baums geniessen. |
Am Donnerstagmorgen war ich um acht Uhr am Bahnhof in Abidjan. Pünktlich fuhren wir um elf Uhr ab und kamen am Freitagabend kurz vor Mitternacht an.
Ich buchte im Vorhinein kein Hotel, weshalb ich noch eins suchen musste. Ich erhielt jedoch einen guten Tipp, so dass ich nach einem kurzen Umweg zur Bank dort erschien - AUSGEBUCHT.
So machte ich mich nach Mitternacht in einer unbekannten Stadt auf die suche nach einem Hotel. Ich konnte bei der Bank jedoch kein Geld beziehen, so dass mein Budget sehr beschränkt war.
Die meisten Hotels entsprachen nicht meinen finanziellen Mitteln oder waren ausgebucht.
Um halb drei Uhr morgens ging ein Mitarbeiter endlich auf etwas ein, was ich bei allen anderen auch fragte.
Für wenig Geld durfte ich in der Eingangshalle des Hotels auf einem Stuhl schlafen. Nach über vierundzwanzig Stunden auf einem unbequemen Plastikstuhl war dies Luxus. Ich durfte sogar noch duschen, was sich wie eine Wiedergeburt anfühlte.
Bevor sein Chef kam, musste ich gehen. Und so machte ich mich einmal mehr auf die Suche nach einem Hotel. Die Günstigen waren ausverkauft und die Teuren zu teuer für mich.
Und so landete ich um neun Uhr morgens erneut beim allerersten Hotel, welches in den folgenden Nächten ein Zimmer frei hat.
Endlich bin ich fertig mit diesem Bericht. Ich hätte noch so viel schreiben können, wusste deswegen nicht wo anfangen und beenden.
Gleich erzähle ich euch noch kurz etwas über das kommende Programm.
Liebe Grüsse, Sebastian :)